Was sich die Leute so über Inkassobüros denken
Zusammenfassung:
Inkassobüros drohen gern mit verschiedenen Floskeln, die sich erst einmal wahnsinnig schlimm anhören. Aber was ist jeweils an den Drohungen dran? Und unter welchen Voraussetzungen können sie wahr gemacht werden? Und welche verbreiteten Vorstellungen stimmen mit der Realität überein? Ein Inkassobüro kann nicht mehr als der Gläubiger selbst.- Gerüchte und Irrtümer über Inkassobüros
- 1: wenn Sie nicht zahlen, kommt das Inkasso
- 2: die sehen sich bei Ihnen zuhause um, was sie sich holen können
- 3: der Gerichtsvollzieher kommt und nimmt Ihren Fernseher mit
- 4: Schufa-Eintrag: kein Handyvertrag mehr
- 5: der Kredit für das Grundstück ist in Gefahr
- 6: man wird nicht befördert
- 7: wenn Sie nicht zahlen, kommen Sie ins Gefängnis
- 8: wenn Sie nicht zahlen, ergeht es dem Mitarbeiter schlecht
- 9: wenn Sie nicht zahlen, bekommen Sie weitere Anrufe
- 10: der Trick mit der Ratenzahlung
- Zwei Nutzerkommentare
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Gerüchte und Irrtümer über Inkassobüros
1: wenn Sie nicht zahlen, kommt das Inkasso
Falsch: es „kommt” nicht (siehe 2.). Es wird eventuell eingeschaltet. Die Kosten des Inkassobüros werden gern auf den Schuldner umgelegt, doch das ist nicht immer rechtens: das Inkassobüro ist ein Privatvergnügen auf Kosten des Gläubigers. Einige Gerichte sprechen Inkassokosten in Höhe der Gebühren zu, die ein Anwalt verursacht hätte. Andere nur dann, wenn der Schuldner auch zahlt. Viele Gerichte sprechen gar keine Gebühren zu.
Eine andere Frage ist die, ob die Forderung überhaupt berechtigt ist. Ein „seriöses” Inkassobüro stellt seine Tätigkeiten für gewöhnlich ein, wenn man die Forderung bestreitet.
2: die sehen sich bei Ihnen zuhause um, was sie sich holen können
Falsch: ein Inkassobüro hat keine weitergehenenden Möglichkeiten als der Gläubiger selbst. Die typische Vorgehensweise eines Inkassobüros ist es nicht, mit drei kahlgeschorenen Herren im Anzug und Sonnebrille vor der Tür zu stehen und „freundlich, aber bestimmt” zu sagen: „wo ist das Geld?”. Das ist nämlich unter Umständen strafbar.
Üblicherweise schreibt ein Inkassobüro darum auch ausschließlich Briefe. Und zwar alle an den Schuldner. Manche Inkassobüros schicken Urteile als Beispiel mit, das steht dann Ihr Name nicht im Urteil. Manche schicken Klageentwürfe. Das ist alles Humbug, solange nichts vom Gericht kommt.
Wenn Sie bestreiten wollen, tun Sie es genau ein Mal und zwar per Fax oder Einschreiben.
Achso: Und glauben Sie nicht alles, was im Fernsehen kommt!
3: der Gerichtsvollzieher kommt und nimmt Ihren Fernseher mit
Fast immer falsch: ein Gerichtsvollzieher hat zwei Aufgaben: die Zustellung von Schriftstücken und die Vollstreckung.
Wie jeder andere auch, darf auch ein Inkassobüro einen Gerichtsvollzieher mit der Zustellung von Schriftstücken beauftragen. Dann kommt der Gerichtsvollziher vorbei, übergibt das Schreiben, Sie unterschreiben - und er geht wieder.
Die Vollstreckung setzt voraus, dass überhaupt ein vollstreckbarer Titel (Urteil o.ä.) gegen Sie vorliegt. Da genügt schon ein Vollstreckungsbescheid. In jedem Fall aber bekommen Sie vorher Post von Gericht, und zwar in einem gelben Umschlag, an Sie direkt adressiert. Im Schreiben des Gerichts muss Ihr Name auftauchen. Manche Inkassobüros schicken gern kopierte Urteile mit. Das ist dann nicht Ihr Fall, sondern ein anderer, der hat auf Sie keine Auswirkungen.
Wenn der Gerichtsvollzieher vollstreckt, darf er Ihnen die Gegenstände des täglichen Bedarfs nicht nehmen - und dazu zählt auch der Fernseher oder das Handy. Der Gläubiger darf Ihnen aber durch den Gerichtsvollzieher den schönen teuren LCD-Fernseher wegnehmen und ein altes Röhrengerät hinstellen lassen, Hauptsache Sie können irgendwie fernsehen.
4: Schufa-Eintrag: kein Handyvertrag mehr
Sehr oft falsch: einen negativ-Eintrag bei der Schufa bekommt man nur, wenn
man einen Kreditvertrag nicht einhält. Einträge erstellen dürfen nur
Vertragspartner der Schufa, und das sind viele Inkassobüros gar nicht.
Außerdem muss die Forderung ordnungsgemäß gemahnt sein und darf nicht
bestritten sein. Darum stellen die meisten Inkassobüros ihre Tätigkeit
wieder ein, wenn man die Forderung bestreitet. Dann muss der Gläubiger
eben klagen. Unseriöse Firmen klagen eher selten.
5: der Kredit für das Grundstück ist in Gefahr
Falsch: selbst wenn Sie einen Schufa-Eintrag bekommen, berührt das bestehende Verträge nicht. Die zahlen Sie einfach weiter ab. Meist gibt es aber gar keinen Schufa-Eintrag.
6: man wird nicht befördert
Völliger Unsinn: einer Forderung zu widersprechen ist Ihr gutes Recht. Darum wird (und darf) Sie kein Arbeitgeber benachteiligen. Außerdem: woher sollte er das wissen? Auch eine Verbeamtung hat nicht zur Voraussetzung, dass man jede dahergelaufene Rechnung blind bezahlt. Selbst wenn Sie von einem Gericht zur Zahlung verurteilt werden, hat das keinerlei Auswirkungen auf Ihren Arbeitsvertrag oder auf Ihre Beförderungschancen.
Anders kann es allenfalls dann sein (je nach Position), wenn Sie wegen eines Strafprozesses verurteilt werden. Dem Inkassobüro geht es aber nur ums Geld. Die stellen fast nie Strafanträge. Die drohen gern damit, weil sie die Forderungen als berechtigt ansehen. Ich habe noch nie von einem Verbraucher gehört, der wegen eines Inkassobüros ein Strafverfahren bekommen hatte und dann auch nch verurteilt wurde (Ausnahme natürlich Leistungsbetrug).
7: wenn Sie nicht zahlen, kommen Sie ins Gefängnis
Fast immer falsch: das Leben ist kein Spiel, schon gar nicht ein fragwürdiges Brettspiel. Hier kommt man nicht so einfach ins Gefängnis. Dazu muss der Gläubiger Sie 1. verklagen, Sie müssen 2. zur Zahlung verurteilt werden, aber 3. dennoch nicht zahlen. Dann kann der Gläubiger 4. den Gerichtsvollzieher beauftragen. Wenn der bei Ihnen 5. nichts holen kann, weil Sie nichts haben, und wenn Sie sich dann außerdem 6. verweigern, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben, dass Sie nichts haben, dann darf der Gläubiger (nachdem er 7. Vorschuss für die Gefängniskosten geleistet hat) 8. einen Haftbefehl beantragen, der dann 9. vollstreckt wird.
Bis dahin sind also noch viele, viele Zwischenschritte nötig und das Problem ist an jeder Stufe abwendbar (sinnvollerweise nach 2. oder 5.).
8: wenn Sie nicht zahlen, ergeht es dem Mitarbeiter schlecht
Das ist 1. fast immer gelogen und 2. absolut nicht Ihr Problem. Jedenfalls dürfen Sie sich aus diesem Grund nicht zu einer Zahlung bewegen lassen. Sicherlich: viele Mitarbeiter an den Hotlines haben keine andere Wahl als Leute anzurufen und mit allen Mitteln Druck zu machen. Aber das Leid stillen Sie nicht, indem Sie zahlen, im Gegenteil: wenn Sie die Masche durch Ihre Zahlung unterstützen, werden noch mehr Mitarbeiter ausgebeutet.
9: wenn Sie nicht zahlen, bekommen Sie weitere Anrufe
Das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass mit der Forderung etwas nicht in Ordnung ist. Ein seriöser Anbieter verklagt seine Schuldner, wenn er etwas will und belästigt sie nicht. Das ist auch unterm Strich fairer: Sie kommen an unabhängiger Stelle zu Wort. Und machen wir uns nichts vor: die klagen sehr wahrscheinlich sowieso nicht, sonst müßten sie ja nicht ständig anrufen.
Wenn die Belästigung Überhand nimmt, leiten Sie die Nummer für ein paar Tage auf Band oder wechseln Sie im Extremfall die Nummer. Meist soll auch schon helfen, dem Anrufer bei Beginn des Anrufs mitzuteilen, dass man das Gespräch aufzeichnet, wenn er das nicht möchte, soll er auflegen.
10: der Trick mit der Ratenzahlung
Wenn Sie die Forderung für unberechtigt halten, gehen Sie nicht auf Ratenzahlungsangebote ein und unterschreiben Sie nichts (außer Ihr eigenes Ablehnungsschreiben). Solche Vereinbarungen enthalten meistens ein Schuldanerkenntnis, auch wenn es nicht da steht. Das bekommt man zwar meistens auch wieder aus der Welt, aber damit bekommen Sie später wahrscheinlich noch mehr Druck, weil Sie ja angeblich schon anerkannt haben.
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